3. Juli 2024 | Autoren: André Nimtz & Maren Fichtner | Lesezeit: ca. 14 Minuten
Werkerselbstprüfung, was ist das eigentlich?
Die Werkerselbstprüfung ist ein etabliertes und besonders fertigungsnahes Verfahren der Qualitätssicherung, das sowohl in der diskreten Fertigung als auch in der Prozessindustrie Anwendung findet.
Während der Abarbeitung ihrer Arbeitsschritte prüfen Mitarbeitende hierbei eigenverantwortlich die Qualität ihrer Fertigungsstücke – das kann nach einer bestimmten Anzahl von Arbeitsschritten erfolgen, bei besonders kritischen oder fehleranfälligen Prozessabschnitten oder aber vor der Übergabe in die nächste Bearbeitungsstufe.
Durch die Werkerselbstprüfung werden Zwischen- und Endprodukte einer kontinuierlichen Überprüfung nach vordefinierten Qualitätsstandards unterzogen – mit dem Ziel, typische Fehler zu vermeiden.
Dazu gehören:
- unvollständige oder fehlerhafte Bearbeitung von Komponenten oder Teilen
- unvollständige oder fehlerhafte Montage
- falsche Verwendungen von Maschinen oder Werkzeugen
- Mängel bei Ein- oder Ausbau von Teilen oder Komponenten
- Mängel bei Verifizierung von Messwerten oder Toleranzen
- Mängel bei Überprüfung der Dokumentation
- etc.
Die Ergebnisse protokolliert der Werker bereits bei der Prüfung, sodass eine transparente und nachvollziehbare Dokumentation entsteht.
Werkerselbstkontrolle & fertigungsbegleitende Prüfung
Wenn Sie sich zum Thema Werkerselbstprüfung informieren, werden Sie sicherlich auch über andere Begriffe wie Werkerselbstkontrolle oder fertigungsbegleitende Prüfung stolpern.
Good news: Diese Begriffe können oft synonym für Werkerselbstprüfung verwendet werden.
Bad news: Es gibt dennoch Lesarten, die den Begriffen eine etwas andere Bedeutungen zuweisen.
Werkerselbstkontrolle:
Bei der Werkerselbstkontrolle kann der Fokus auf globaleren Themen liegen. Das schließt die Einhaltung von Produktionsprozessen und Verfahrensstandards während des gesamten Produktionsablaufs und deren kontinuierliche Überwachung (z.B. Maschinenparameter, Materialflüsse) ein.
Fertigungsbegleitende Prüfung:
Hier sind wir oftmals deutlich technischer unterwegs. Die fertigungsbegleitende Prüfung lenkt den Blick auf die konkreten Parameter der jeweiligen Produktionsschritte. Hier werden Daten überprüft, Messwerte validiert und zum Teil mit Angaben zum konkreten Prüfmittel dokumentiert. Die fertigungsbegleitende Prüfung ist auch nicht zwingend eine kontinuierliche Werkeraufgabe, sie kann ebenso Bestandteil von Stichprobenprüfungen des Qualitätssicherers sein.
Stellen Sie sich vor, Sie fertigen 1.000 Bauteile, davon 945 Gutteile. Dann kann Ihnen Werkerselbstprüfung ganz konkret 55 Vorteile bringen, indem sie die Fehler der 55 Schlechtteile vermeidet. Aber auch jenseits dieses etwas augenzwinkernden Beispiels gibt es ganz praktische Vorteile, die Werkerselbstprüfung in Ihre Produktion bringt.
Wir haben vier davon zusammengestellt:
1. Frühzeitige Fehlererkennung & -beseitigung
Wenn der Werker an kritischen Punkten in seiner Fertigungsarbeit Werte validieren oder Schritte überprüfen muss, kann er auch sofort Fehler erkennen und die entsprechenden Korrekturmaßnahmen einleiten. Dadurch wird nicht nur der Fehler erkannt und behoben, der Werker verhindert zudem, dass ein fehlerhaftes Produkt weiterverarbeitet wird und am Ende ein Produkt entsteht, dem man seine fehlerhaften Bauteile in der finalen QS nicht mehr ansieht.
2. Kostensenkung & Effizienzsteigerung
Wenn die Produktqualität durchgehend kontrolliert wird, können auch Probleme durchgehend vermieden werden. Die Ergebnisse sind:
- Kosten für Nacharbeit und Reklamationen sinken
- Ihre Effizienz steigt
- Ihre Kunden sind rundum zufrieden mit Ihrer durchweg hohen Qualität
Wer zwischen den Zeilen liest, könnte jetzt allerdings einwenden: Wenn jeder Werker jetzt auch noch alles kontrolliert, verliert er aber doch auch wieder Zeit. Prinzipiell stimmt das, aber selbst die Zeitsumme aller Prüfschritte ist geringer als der Aufwand für Nacharbeit und Reklamationen, die im Fehlerfall bei anderen Kollegen auftreffen.
3. Verantwortungsgewinn durch Werkerselbstprüfung
Wenn Mitarbeitende Aufgaben der Qualitätskontrolle übernehmen, übernehmen Sie auch Verantwortung für die Qualität des Produktes. Das steigert das Qualitätsbewusstsein der Werker und kann für mehr Sicherheit und Zufriedenheit bei der täglichen Arbeit führen – sogar bis hin zu einer besseren Identifikation mit Produkt und den Zielen des Unternehmens. Zudem erhalten Mitarbeitende im Rahmen der Werkerselbstprüfung auch direktes Feedback zur Qualität ihrer Arbeit. Im Idealfall ist bei jedem Durchgang alles im grünen Bereich, was wiederum positive Effekte auf das Selbstvertrauen haben kann.
4. Kontinuierliche Verbesserungsprozesse & Null-Fehler-Strategie
Werkerselbstprüfung fördert kontinuierliche Verbesserungsprozesse durch die systematische Erfassung von Qualitätsdaten und Fehlerklassen. Sobald Sie sehen, wo häufig Fehler auftreten, können Sie gezielt an diesen Punkten ansetzen und Verbesserungen anstoßen. Dieser Gedanke kann bis zur Null-Fehler-Strategie weitergesponnen werden: Wenn Sie Fehler bereits in den Produktionsprozessen durch eine schlagkräftige Werkerselbstprüfung ausschließen können, können Sie auch langfristig höchste Qualitätsstandards garantieren und Ressourcen für Nacharbeiten ausplanen.
Wer über Vorteile redet, muss auch die Nachteile beleuchten. Und natürlich ist auch Werkerselbstprüfung kein Selbstläufer, den Sie einfach einrichten und dann funktioniert alles perfekt.
1. Die Dokumentation muss stimmen
Wenn Aufgaben der Qualitätssicherung an den Werker übergehen, dann verschwindet auch die bisherige vollständige Qualitätskontrolle aus der Zuständigkeit des Qualitätssicherers. Das heißt prinzipiell: Alle Schritte der Werkerselbstprüfung müssen hieb- und stichfest dokumentiert sein, da sich die finale QS neben der eigenen Dokumentation auch auf die Ergebnisse der Werkerselbstprüfung berufen muss.
2. Neue Aufgaben = neue Herausforderungen
Ihre Werker sind nicht zwingend den Herausforderungen einer Werkerselbstprüfung gewachsen. Die Prüfschritte stellen zusätzliche Aufgaben dar und steigern die Komplexität des Tagwerks. Das kann den Werker vor Herausforderungen stellen, vielleicht sogar eine Überforderung darstellen. Schließlich gab es auch schon so genug zu tun und zu beachten. Jetzt kommt auch noch die QS dazu. Im Zweifel besitzt der Werker auch nicht alle Qualifikationen, die für eine hieb- und stichfeste Werkerselbstprüfung nötig sind. Auch das kann eine Herausforderung darstellen.
Sie haben es sich vielleicht schon gedacht, deshalb machen wir es kurz und knapp: Wir unterscheiden zwischen analoger und digitaler Werkerselbstprüfung. Alles, was Sie bislang gelesen haben, hat diese Unterscheidung noch außer Acht gelassen. Aber vielleicht haben Sie hier schon gemerkt, dass sich gerade einige Nachteile mit einer digitalen Werkerselbstprüfung leicht aushebeln lassen. Aber dazu später mehr.
Analoge Werkerselbstprüfung
Was bedeutet das?
- manuelle Durchführung der Prüfschritte ohne Unterstützung von digitalen Hilfsmitteln
- Verwendung von einfachen Prüfgeräten
- händische Dokumentation der Prüfergebnisse auf Papier
- Prüfergebnisse von Erfahrung und Aufmerksamkeit des Mitarbeitenden abhängig
Welche Vorteile hat das?
- geringe bis gar keine Investitionskosten für Technologie
- einfache Implementierung
Und wie steht’s um die Nachteile?
- hoher Schulungsaufwand
- zeitaufwendige Dokumentation und Medienbrüche
- Fehleranfälligkeit bei Übertragung der Ergebnisse in digitale Systeme
- Qualität der Prüfung variiert zwischen Mitarbeitenden
- keine Transparenz bzw. nur zeitversetzte Analysen möglich
Digitale Werkerselbstprüfung
Was bedeutet das?
- technologische Unterstützung des Werkers, durch z.B. Sensoren, Kameras, digitale Messgeräte
- Verwendung digitaler Prüfwerkzeuge für komplexere Messungen
- automatische Datenerfassung
- Integration der ausgewählten Technologie in bestehende Systemlandschaft
Welche Vorteile hat das?
- höhere Flexibilität und Anpassungsgeschwindigkeit bei sich ändernden Produktionsbedingungen
- Reduktion der menschlichen Fehler
- höhere Genauigkeiten und Zuverlässigkeit bei Prüfergebnissen
- schnelle und automatische Datenerfassung und -analyse
- verbesserte Rückverfolgbarkeit und Transparenz
Und wie steht’s um die Nachteile?
- Einführungskosten neuer Software und Hardware
- Abhängigkeit von digitalen Systemen
- Komplexität bei der Implementierung
Wie an so vielen Dingen hängt auch an der Werkerselbstprüfung eine ganze Reihe von Fähigkeiten und Wissensbausteinen. Entsprechend intensiv können sich Mitarbeitende auch im Thema Werkerselbstprüfung schulen lassen. Das geschieht zumeist auf mehreren Levels.
Leiter und Qualitätssicherer müssen ein umfangreiches Wissen darüber aufbauen:
- wie QS und Werkerselbstprüfung korrelieren
- wie, wann und mit welchen Mitteln Prüfprozesse im Fertigungsablauf stattfinden müssen
- welche Prüfmerkmale festzulegen sind
- wie Prüfmittel kalibriert werden sollen
- welche Kommunikationsstrategien hin zu den Werkern nötig sind
- uvm.
Auch die Mitarbeiten müssen umfangreich geschult werden im
- Umgang mit Prüfanweisungen
- richtigen Umgang und Einsatz von Messmitteln
- Umgang mit fehlerhaften Teilen (Fehlerklassifizierung und -katalogisierung, Lenkung fehlerhafter Teile, Reklamationen bei Lieferanten)
- Dokumentation und Protokollierung
Darüber hinaus müssen Verantwortungsübernahme und Verantwortungsbewusstsein bei den Mitarbeitenden gefordert und gefördert werden. Das sind jede Menge Herausforderungen, die durchaus ihre Relevanz haben.
Dennoch empfehlen wir Ihnen, sich den Weg hin zur Werkerselbstprüfung zu vereinfachen – mit einem digitalen System.
Wir wollen nicht in Abrede stellen, das Produktionleiter, Qualitätssicherer und Werker ein gutes Maß an Know-how für Werkerselbstprüfung benötigen. Das Gute daran ist allerdings: Sie alle bringen bereits Erfahrungswissen mit, das viele ganz spezifische Prozesse abkürzt – vor allem, wenn sie mit einem einheitlichen digitalen System umgesetzt werden. Mit einer digitalen Werkerselbstprüfung vereinen Sie das Know-how der einzelnen Mitarbeitenden mit den Bedingungen erfolgreicher Prüfschritte und setzen einen Prozess auf, der Ihre Werker zeitgleich befähigt und entlastet.
6 (+1) Empfehlungen für digitale Werkerselbstprüfung
Empfehlung #1
Führen Sie ein schlagkräftiges digitales System wie zum Beispiel ein Werkerassistenzsystem ein. Damit unterstützen und entlasten Sie Ihre Mitarbeitenden und stellen zugleich die automatische Dokumentation von Prüfergebnissen sicher.
Empfehlung #2
Fangen Sie einfach an – mit einfachen Prüfungen zum Beispiel in Form von i.O.- und n.i.O-Checklisten. Damit erzielen Sie erste Erfolge und sensibilisieren Ihre Werker für die neuen Prozesse.
Empfehlung #3
Setzen Sie auf ein System, das Grenzwerte darstellen kann. So können Sie einen oberen und unteren Grenzwert für Messungen vorgeben, den der Werker einhalten und validieren muss.
Empfehlung #4
Stellen Sie visuelle Unterstützung im System zur Verfügung, zum Beispiel mit Vergleichsbildern von Gut- und Schlechtteilen, technischen Zeichnungen, Videos, etc.
Empfehlung #5
Stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeitenden Feedback direkt im Prozess geben können. Falls es zu Schwierigkeiten oder Problemen bei der Prüfung kommt, erfahren Sie es so direkt und nicht erst durch ein später eingereichtes Protokoll.
Empfehlung #6
Ausgebildete Qualitätsprüfer behalten die Hoheit über die Endprüfung. Denn selbst die beste Werkerselbstprüfung ersetzt nicht das Können und Fachwissen des Qualitätssicherers. Im Idealfall arbeitet auch er mit der gleichen digitalen Lösung und entsprechenden Prüfplänen.
Bonus-Tipp
Etablieren Sie eine kontinuierliche Auswertung der Prüfdaten sowie interne Audits. Da die Daten aus allen Prüfprozessen nunmehr direkt digital zur Verfügung stehen, können sie für die Optimierung der Prozesse genutzt werden. Wenn zum Beispiel ein Fehler immer an der gleichen Stelle auftritt, können Sie sich an die Behebung der Fehlerursache machen, sodass er künftig für die Werkerselbstprüfung entfällt. Interne Audits geben Ihnen Auskunft über den Erfolg der eingeführten Prüfmaßnahmen. So sehen Sie zum Beispiel, welche Fehlerklassen besonders häufig auftreten, welche Korrekturmaßnahmen eingeleitet wurden, wie sich das Reklamationsverhalten verändert hat, uvm.
Durch die Werkerselbstprüfung mit einem passenden digitalen System können Sie binnen kurzer Zeit erste signifikante Erfolge erzielen. Ein Werkerassistenzsystem bringt in vielen Fällen die idealen Voraussetzungen dafür mit. Schließlich führen Sie Ihre Werker damit ohnehin schon Schritt-für-Schritt durch die Fertigungsprozesse.
Die Einbindung von Prüfschritten ist hier nur ein weiterer logischer Baustein. Damit das Ganze etwas greifbarer wird, blicken wir in die Praxis mit unserem Werkerassistenzsystem weasl.
Für eine erfolgreiche Werkerselbstprüfung bringt weasl mit:
- die nahtlose Integration der Prüfschritte in die laufenden Arbeitsanweisungen (ohne Arbeitsplatzwechsel, ohne Einschränkungen bei komplexeren Prozessen)
- dynamische Prüfschritte, die automatisch nach Ihren Vorgaben vom System eingefügt werden können
- die Abbildung von Bildern, Videos, Checklisten etc., um die Prüfschritte optimal zu unterstützen
- eine sofortige bzw. automatische Dokumentation der Prüfergebnisse
- Prozesssperren bei unzulässigen Abweichungen, fehlerhaften Eingaben, etc.
- visuelle Hinweise bei Grenzwertüberschreitungen, bei Bedarf ebenfalls geknüpft an Prozesssperren
- eine Übersicht über alle benötigten Prüfmittel
- die Möglichkeit, Prüfschritte elektronisch zu signieren (damit der Prüfer auch bewusst bestätigen kann, dass die Eingaben korrekt sind)
- eine Feedbackfunktion bei Rückfragen oder Verbesserungsvorschlägen
- arbeitsplanübergreifende Dokumente wie zum Beispiel Konstruktionszeichnungen
- eine SPC-App zur schnellen Visualisierung und Auswertung von Prüfergebnissen
Kurzum: Mit weasl erstellen Sie digitale Prüfschritte nach Ihren Vorgaben, unterstützen Ihre Werker mit diversen Medien bei der Ausführung und erfassen alle relevanten Daten direkt digital für eine Auswertung im Tool oder in angebundenen Systemen. Ein Werkerassistenzsystem, das diesen Funktionsumfang mitbringt, ist bestens aufgestellt für eine effiziente Werkerselbstprüfung.
Fazit
Je komplexer Montage- und Fertigungsprozesse sind, desto wichtiger ist die Werkerselbstprüfung. Denn mit ihr verhindern Sie Fehler dort, wo sie entstehen oder leicht übersehen werden. Das wiederum spart Zeit und Kosten für Nacharbeit und Reklamation.
Für eine besonders effiziente Werkerselbstprüfung empfiehlt sich ein digitales System, das Ihre Werker bei Prüfschritten optimal unterstützt. Ein Werkerassistenzsystem kann hierfür den nötigen Funktionsumfang bieten.
Das ideale System für die Werkerselbstprüfung:
mehr über weasl im Feature-Video
Schalten Sie Ihren Video-Zugang frei
Das erfahren Sie im Video:
- detaillierter Einblick in die Erstellung und Abarbeitung von Aufträgen
- Überblick über die Einrichtung des Systems
- Details zur Dokumentation und Nachbetrachtung
- anschauliche Beispiele direkt aus dem System
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